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Wüsten-Mikroben machen Gestein zu Wasser

Kein Tröpfchen Wasser und dennoch gibt es Leben. Wie sich die Mikroben der trockensten Wüste der Welt mit dem Lebenselixier versorgen, haben Forscher nun aufgedeckt. Die raffinierten Bakterien besorgen sich das H2O gleichsam mit dem Brecheisen aus dem Gestein: Sie verwandeln Calciumsulfat-Dihydrat (Gips) durch organische Säuren in Anhydrit, wobei nutzbare Wassermoleküle frei werden. Dieses chemische Verfahren der Wassergewinnung verdeutlicht, dass mikrobielles Leben auch in scheinbar wasserfreien Umgebungen wie auf dem Mars möglich ist.

Wegen der extremen Bedingungen dient die Atacama-Wüste Chiles der NASA sogar als Modell für die Marsoberfläche: Extreme Trockenheit, salzige Böden und starke UV-Strahlung machen sie zu einer der lebensfeindlichsten Regionen der Erde. Doch auch hier finden Organismen Existenzmöglichkeiten, haben Studien der letzten Jahre gezeigt. Neben anderen extremophilen Mikroben leben in der Atacama spezielle Vertreter der Cyanobakterien unter dünnen Gesteinsschichten. Geschützt vor zu harter Strahlung und den trockenen Winden betreiben sie dort mithilfe des zu ihnen hindurchscheinenden Lichts Photosynthese, um sich mit Energie zu versorgen. Neben der Atacama sind die sogenannten Chroococcidiopsis-Bakterien auch bereits von anderen Wüsten der Erde bekannt.

Was ist die Wasserquelle?

Doch wie kommen diese skurrilen Mikroben in den staubtrockenen Lebensräumen an das lebensnotwendige Wasser? Die Forscher um David Kisailus von der University of California in Irvine sind nun gezielt dem Verdacht nachgegangen, dass die Chroococcidiopsis-Bakterien chemisch gebundenes H2O aus dem Gestein lösen können. Konkret richtetet sich dabei der Fokus auf den Bestandteil Gips. Bei dieser Substanz handelt es sich um eine hydrierte Form von Calciumsulfat (Ca[SO4]·2H2O) – in der Verbindung steckt also Wasser. Ohne das Wasser wird das Mineral als Anhydrit (Ca[SO4]) bezeichnet.

Für ihre Untersuchungen besorgten sich die Wissenschaftler Gipsproben aus der Atacama-Wüste und analysierten sie anschließend im Labor. Wie sie berichten, zeigte sich dabei zunächst: Es gibt eine Überschneidung der Konzentrationen von Anhydrit und dem Vorkommen der Cyanobakterien in den in der Atacama gesammelten Gipsproben. Dort, wo die Mikroben leben, ist der Anhydritgehalt höher. „Dieser Befund deutete bereits darauf hin, dass die Mikroben dem Gestein Wasser entziehen, um zu überleben“, sagt Kisailus. „Deshalb führten wir anschließend Experimente durch, um diese Hypothese weiter zu bestätigen“, so der Wissenschaftler.

Die Forscher fertigten dazu kleine Gesteinswürfel an, die sie mit den Chroococcidiopsis-Bakterien besiedelten. Dabei gab es zwei unterschiedliche Bedingungen: Ein Teil der Würfel wurde bei vergleichsweise hoher Luftfeuchtigkeit gehalten, die einigen Mikroorganismen bekanntermaßen als Wasserquelle dienen kann. Der andere Teil der Würfel wurde hingegen der typischen Atacama-Trockenheit ausgesetzt. Spätere Analysen des Gesteins ergaben dann: Nur bei den trockenen Bedingungen hatte sich Anhydrit gebildet – bei den feuchteren Bedingungen war hingegen kein Gips dehydriert worden. „Die Cyanobakterien brauchten bei diesen Bedingungen kein Wasser aus dem Gestein, denn sie bekamen es aus ihrer Umgebung“, erklärt Kisailus. „Aber wenn sie unter Trockenstress gesetzt wurden, hatten die Mikroben keine andere Wahl, als dem Gips das Wasser zu entziehen, wodurch diese Umwandlung des Materials ausgelöst wurde“.

Organische Säuren lösen das H2O aus dem Gips

Die Forscher führten anschließend elektronenmikroskopische und spektroskopische Untersuchungen durch, um die Wechselwirkungen zwischen den biologischen und geologischen Teilen des Systems noch genauer zu untersuchen. Es zeigte sich, dass die Mikroben wie winzige Bergleute in das Gestein vordringen, um das kostbare wasserhaltige Material abzubauen. Den Wissenschaftlern zufolge geben sie dazu bestimmte organische Säuren in das Mineralgerüst ab. Diese führen zu einer Mobilisierung der Wassermoleküle, die sich die Bakterien anschließend einverleiben.

„Es wurde bereits vermutet, dass Mikroorganismen in der Lage sein könnten, Wasser aus Mineralien zu extrahieren – diese Hypothese konnten wir nun erstmals klar bestätigen“, resümiert Co-Autor DiRuggiero von der Johns Hopkins University in Baltimore. „Es handelt sich um eine erstaunliche Überlebensstrategie dieser Mikroorganismen, die an der trockenen Grenze des Lebens existieren. Die Erkenntnisse können uns damit nun bei der Suche nach Lebensspuren an anderen extremen Standorten leiten“, sagt der Wissenschaftler mit Blick auf Mars und Co.

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